Vor einem Jahr hatten wir Feuerwehrhandwerker ein sehr schönes, sehr lehrreiches und sehr lustiges Wochenende in der RDA in Nordhorn. Wir haben mit Mitgliedern aus diversen Feuerwehren zusammengesessen, gequatscht, gegrillt, Feuer gemacht, gelacht und zusammen in einer Feuerwache übernachtet.
„Hilfe! Ich lebe mit einer/einem Feuerwehrfrau/Feuerwehrmann zusammen! Sie/er darf jetzt nicht mehr ins Gerätehaus, kann nicht mehr mit den Kameraden rumhängen und geht mir hier den ganzen Tag auf den Senkel. Was kann ich tun?” Dieser und andere Hilferufe erreichten uns in den letzten Tagen mehrfach. Deswegen hier ein paar Vorschläge, wie Ihr gelangweilte Feuerwehrleute beschäftigen könnt, die Sehnsucht nach ihrer Feuerwehr haben:
In der folgenden kleinen Geschichte soll es um zwei fiktive Feuerwehren irgendwo in Deutschland gehen, nennen wir sie einfach Feuerwehr A und Feuerwehr B.
Notfall Tür verschlossen
Alltäglicher Alarm, eine Tür ist zu, dahinter liegt ein älterer Herr, der bis vor kurzem noch mit seiner Tochter telefoniert hat und plötzlich nicht mehr antwortete. Der Rettungsdienst ist bereits vor Ort, die Tochter (ohne Schlüssel) ebenso.
Feuerwehr A trifft am Einsatzort ein, holt den Türöffnungskoffer heraus, Sprüh-ins-Schloss, Akkuschrauber raus (puh, geladen!) und los geht es. Die erste Schraube bricht ab. Hinter der Tür ein Röcheln, dann Stille. Die zweite Schraube - mit Müh und Not reingedreht - bricht ebenfalls ab. Das große Brechbesteck wird hervorgeholt, doch so richtig weiß niemand, wie man das Ganze ansetzt und wo man draufhauen muss. Egal - versuchen wir es! Die Tür bleibt standhaft. Weitere Minuten vergehen, bis die Drehleiter in Stellung gebracht ist und jemand die Balkontür einschlägt. Der ältere Herr wird blau angelaufen im Flur aufgefunden. Der Notarzt bricht die Reanimation nach 30 Minuten ab.
Feuerwehr B bekommt einen ähnlichen Alarm in ihrer eigenen Stadt. Auch hier geht alles schief, was schiefgehen kann. Der ältere Herr verstirbt ebenfalls.
Endlich habe ich mir einen Jugendtraum erfüllt und Katamaran-Segeln gelernt. Damit war ich nach langen Jahren als Ausbilderin, Dozentin und Führungskraft mal wieder auf der anderen Seite: die der unbeleckten Lernenden. Komplett neues Thema, so gut wie keine Ahnung davon, das passiert mir bei der Feuerwehr nicht mehr. Gut, ein bisschen was über Wind und Vorfahrt kannte ich vom Surfen, aber so ein Katamaran ist halt schon ein großes Schlachtschiff im Vergleich zu meinen kleinen Boards.
Der erste Tag geht fröhlich los, wie das bei Anfängern halt so ist: Boote verteilen, Begriffe erklärt bekommen und gleich wieder die Hälfte vergessen, die ersten Schläge auf dem Wasser segeln, die ersten Wenden durchdümpeln. Im Kopf wirbelt es: „Wo muss ich ziehen? Warum fährt das Ding jetzt da lang? Wo kann ich mich festhalten? Was mache ich eigentlich, wenn das Teil kentert? Huch, das fährt aber schnell!“ Parallel zu unserem Kurs findet für die Fortgeschrittenen ein Seminar mit einem Segelprofi statt. Wir staunen zwischendurch immer wieder „die schnellen Großen” an, bevor wir uns wieder darauf konzentrieren müssen, nicht ins Wasser zu fallen.
Dienstabend. Ich muss heute früher los und stehe für einen Moment in der Fahrzeughalle. Mehr als 80 Leute sind heute Abend unterwegs und üben, um bereit zu sein.
Die Halle sieht leer aus.
Da hinten in der Ecke steht unsere Übungstür. Sie hat schon ein paar Menschen gerettet, weil wir an ihr gelernt haben, Türen schnell zu öffnen, wenn es drauf ankommt. Diese Leute werden nie erfahren, dass sie ihr Leben ein paar zusammengeschweißten Profilen und Holzkeilen verdanken.
Da vorne auf dem Boden habe ich mal nach einem Einsatz gesessen und mehr als eine Stunde mit einem Kameraden geredet, nachdem wir einen Menschen nicht retten konnten. Die Gedanken dieser Nacht - sie sind noch da. Die Erinnerung an den Toten auch. Sie berührt mich immer wieder, wenn ich dort vorbeigehe.
Etwas weiter die Wand entlang haben wir zu zweit in einer eisig kalten Nacht alle verfügbaren PA enteist, gesäubert, fertiggemacht und durchgeprüft, nachdem wir stundenlang bei -10°C einen brennenden Dachstuhl gelöscht hatten. Morgens musste ich mich übergeben vor Müdigkeit und Erschöpfung. Aber die Fahrzeuge waren wieder einsatzbereit. Auch daran denke ich kurz, als ich daran vorbeigehe.
Es kommt uns nicht darauf an, welche oder wie viele Einsätze du bisher gefahren bist, wie groß deine Feuerwehr ist oder mit welchen Fahrzeugen ihr ausrückt. Das einzige worauf es uns wirklich ankommt ist wie dein nächster Einsatz abläuft.
Ausbildung erfordert immer sich selber einzubringen und zu engagieren. Neues zu lernen ist ein wesentlicher Bestandteil unseres Dienstes dem Nächsten gegenüber. Der Tag, an dem wir aufhören zu lernen ist der Tag an dem wir aus der Feuerwehr austreten. Oder hätten austreten sollen.
Wir bieten dir das Handwerkszeug dafür an. Es zu übernehmen und anzuwenden liegt bei der.
Lernen statt Lästern!
Die Tradition der Feuerwehr zeigt uns die Werte und den Sinn unseren Tuns auf. Wir müssen nicht nur das "Was" und "Wie" wissen, sondern auch das "Warum", ansonsten sind Innovationen ziellos und auf Äußerlichkeiten fixiert. Wir bieten hier Orientierung und achten darauf, dass Technik und Taktik auch Sinn machen.
Wir als einzelne Feuerwehrangehörige sind unseren Mitbürgern gegenüber verantwortlich, wie wir unseren Dienst ausfüllen. Jeder ist mitverantwortlich, jeder kann die Organisation auf seine Weise positiv verändern. Ausbildung ist eine Grundvoraussetzung dafür.
Aber: Nur zu kritisieren ohne Lösungen anzubieten oder an einer Verbesserung aktiv mitzuarbeiten ist sinnlos. Wir versuchen Lösungen zu finden.
„Geht so“ geht nicht!
Es geht bei allem was wir tun nicht um uns. Es geht um den Dienst am Nächsten. Wie du diesen Dienst ausfüllst hängt in erster Linie von deiner Bereitschaft ab, an dir und deinen Fähigkeiten zu arbeiten.
Für die Situationen, auf die wir uns vorbereiten reicht ein „das geht schon irgendwie“ nicht aus. Diese Einstellung gefährdet nicht nur den gesamten Einsatzerfolg, sondern auch dich und die anderen. Alles was wir tun oder nicht tun hängt von unserer Einstellung ab.
Wir geben uns daher mit dem Mittelmaß nicht zufrieden. Wir wollen besser sein.